Das Diskutieren mit verschwörungsgläubigen Familienmitgliedern oder Freund:innen hinterlässt dich oft ratlos und verunsichert, weil wissenschaftliche Tatsachen einfach geleugnet werden?
„entschwört.“ rät:
Emotionen einfangen:
Debatten können oftmals hitzig werden. Blicke also bei der Verschwörungserzählung deines Gegenübers lieber auf die kommunizierten Emotionen statt Inhalte. Oft spiegeln sich im Narrativ nämlich bestimmte Bedürfnisse wider. Äußere Verständnis für die Motive, wo du diese berechtigt findest, stelle dabei aber klar, dass du mit dem Verhalten dennoch nicht einverstanden bist. Teile auch selbst eigene Gefühle mit, statt dich wiederholt in vermeintliche Faktendiskussionen verwickeln zu lassen – denn das könnte die Fronten nur weiter verhärten.
Netiquette notieren und nett zu sich selbst sein:
Es ist deine Entscheidung, ob du mit verschwörungsgläubigen Familienmitgliedern oder Freund:innen diskutieren möchtest. Wichtig ist, dass ihr beide die Gesprächsregeln einhaltet, die ihr gemeinsam vereinbart. Bewahrt einen respektvollen Ton. Sprich dich auch gegen das berüchtigte „Themenhopping“ aus und begrenze das Gespräch zeitlich. Überlege dir zudem, was du erreichen willst. Viel gewonnen ist bereits, wenn Gespräche nicht mehr eskalieren. Hingegen kannst du dein Gegenüber meist nicht von heute auf morgen „bekehren“ – frustriere dich also nicht selbst durch zu hochgesteckte Ziele. Verlange nicht zu viel von dir selbst.
Tabus transparent machen:
Mache deine eigenen Tabus und Grenzen deutlich. Stelle klar, dass du keine menschenfeindlichen Argumentationen hören willst und daher z.B. mit der Äußerung von Antisemitismus und Rassismus rote Linien bei dir überschritten werden. Wenn dein Gegenüber diese Regeln (wiederholt) missachtet, dann gib dir selbst das Recht, das Gespräch zu beenden oder zu vertagen und deine Grenzen zu wahren. Zeige Haltung – du musst dir nicht alles anhören und über dich ergehen lassen!
Solidarität mit Betroffenen signalisieren:
Sich selbst klar gegen menschenfeindliche Ideologien zu positionieren und Haltung zu zeigen kann dich stärken! Es signalisiert auch den Menschen, die dadurch diskriminiert werden, dass du solidarisch mit ihnen bist und sie unterstützen willst. Bevor du dich also weiter deinem verschwörungsgläubigen Gegenüber widmest, wende dich zunächst einmal den (potentiell) Betroffenen empathisch zu und gib ihnen z.B. zu verstehen, dass du mit den diskriminierenden Aussagen nicht einverstanden bist.
Chiffren und Codes checken:
Gerade wenn dein Gegenüber noch nicht lange an Verschwörungstheorien glauben, überprüft gemeinsam kritisch die Quellen von Falschbehauptungen oder seht euch zusammen Faktencheck-Reportagen an. So nimmst du andere in ihrem Wunsch, kritisch zu denken, ernst, und hilfst ihnen gleichzeitig dabei, die Fähigkeiten dafür auszubauen. Sensibilisiere hier auch für charakteristische Chiffren und Codes in Verschwörungsnarrativen, insbesondere für stereotype Feindbilder wie „die die oben“. Sie werden den Widersprüchen und Ambiguitäten unserer komplexen, globalisierten Welt nicht gerecht. Ambivalenzen müssen, wie auch der Einfluss des Zufalls, ausgehalten werden. Niemand kann alles wissen.
Harmonie und Hobbies hegen:
Wenn es zu Konflikten kommt, lenke den Fokus wieder auf die Stärkung eurer Beziehung. Anstatt weiter über 5G, QAnon oder die „geheimen Pläne“ der Regierung zu diskutieren, wendet euch lieber wieder gemeinsamen Hobbies und Aktivitäten zu. Erschafft euch so erneut Räume in eurem Alltag, die frei sind von Konflikten und stattdessen geprägt sind von schönen, gemeinsamen Erlebnissen. Eine positive, vertrauensvolle Beziehung wird es deinem Gegenüber im Zweifelsfall auch erleichtern, sich ohne Gesichtsverlust perspektivisch vielleicht wieder von seinen verschwörungsideologischen Überzeugungen entfernen zu können.
Wertschätzung walten lassen:
Lässt du dich auf eine Diskussion ein, bleibe wertschätzend und empathisch. Versuche, dein Gegenüber nicht zu beschämen oder abzuwerten. Dies gelingt oft besser, wenn ihr nur zu zweit miteinander redet. Sende Ich-Botschaften, anstatt die andere Person anzugreifen und zu stigmatisieren. Stelle lieber Fragen, anstatt zu erklären oder zu belehren. Besonders durch offene Fragen signalisierst du Interesse an deinem Gegenüber – es geht ja schließlich nicht ums Gewinnen. Auch mit einem Appell an gemeinsam vertretene Werte kannst du im Gespräch wieder einen wertschätzenden Kurs einschlagen. Würdige diese und zeige auf, dass du lediglich mit den Schlüssen, die dein Gegenüber aus ihnen zieht, nicht einverstanden bist.
Öffentlichkeit organisieren:
Gerade wenn du in deinem weiteren Umfeld, zum Beispiel in deiner Schule oder deinem Sportverein, auf Verschwörungserzählungen triffst, suche dir Verbündete – du bist nicht allein! Werde aktiv und vernetze dich mit gleichgesinnten Kolleg:innen und Freund:innen, um Unterstützung in euren Institutionen zu organisieren oder Öffentlichkeit für eure Anliegen und eure Gegenrede zu schaffen.
Realität des Gegenübers respektieren:
Erkenne an, dass du nur bedingt Einfluss auf die Werte und Einstellungen von Menschen hast – keine:r lässt sich so leicht von inneren Überzeugungen abbringen. Auch dein verschwörungsgläubiges Gegenüber ist selbst dafür verantwortlich, woran es glaubt. Sei also sensibel für deine eigenen Grenzen und dafür, ab wann dir dein Engagement für deine Familienmitgliedern und Freund:innen über den Kopf wächst. Nur, wenn es dir gut geht, kannst du auch für andere da sein. Suche dir vor allem auch Hilfe beim Umgang mit eigener Überlastung oder bei Vorliegen einer Selbst- oder Fremdgefährdung deines Gegenübers.
Traurigkeit und Trennungsgedanken tolerieren:
Sei achtsam dafür, wie es dir mit eurem Konflikt geht. Es ist normal, deswegen traurig zu sein. Auch darüber nachzudenken, zukünftig getrennte Wege zu gehen, weil es immer wieder zu Verletzungen und Grenzüberschreitungen kommt, ist okay – es muss ja auch nicht für immer sein! Hilfreich kann es auch hier sein, Beratung und Unterstützung in Anspruch zu nehmen.